Zwei Pfennig pro Karte. Dank der unschlagbaren Preispolitik meines lokalen Comic Stores bin ich schon als Grundschüler vor 15 Jahren unter die Kartensammler gegangen. Meine gesamte Erinnerung an diese wilden Shoppingeskapaden besteht aus dem Krabbeln unter den Tresen und über warmen Teppichboden sowie dem Wühlen in Riesenhaufen voller Papierkarten. Und diese Karten waren es schlussendlich, die meine Liebe für ein ganz besonderes Trading Card Game entfachen sollten: Magic: The Gathering.
Die Affinität zum Kartenspiel war also lange vor dem Euro da. Leider ist Papier nun nicht mehr so zeitgemäß. Papiermüll wird strikt getrennt und Mails gelten als grüne Alternative zur Post - das macht auch die inzwischen über 20 Jahre alten Magic-Karten obsolet. Naja, nicht ganz: Die Friday Night Magic bezaubert auch heute noch Spieler rund um den Globus. Glücklicherweise gehöre ich aber zur Generation Y, mache "irgendwas mit Medien" und habe berufsbedingt so einen kleinen Hang zum eSport. Da liegt die digitale Alternative Hearthstone doch recht nah - und in die habe ich mich als kompletter Anfänger reingefuchst. Vor allem das kommende Expansion Pack "Mean Streets of Gadgetzan" bietet genug Grund, sich mal mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen.
Quelle: Blizzcon Hearthstone Press Kit | Blizzard Entertainment
Ich bin jemand, der gerne neue Sachen ausprobiert. Und so habe ich auch schon in eine ganze Menge eSport-Titel zumindest mal hineingeschnuppert. Counter-Strike, Dota, Starcraft, Smite - you name it. Mit diesen Spielen habe ich so einige Einstiegsschwellen erlebt, die neuen Spielern die Hölle heiß machen. Und Hearthstone ist da auch kein Leichtgewicht. Richtig gelesen: Die sanft fließende Musik im Hauptmenü, das farbenfrohe Artwork, der verspielte Look - alles nur Tarnung. Eigentlich kommt man in Hearthstone gar nicht so einfach rein. Ich zumindest nicht. Statt einfach ein paar zusammengeworfene Karten - oder Gott bewahre: Das Standard-Deck - in die Ladder zu tragen und in Erfolg zu baden, bin ich damit eher schlecht und gegen die Wand gefahren. Lange dümpel ich mit einem selbstgebauten Deck auf Stufe 25, in der Holzliga herum. Warlocks überrennen mich mit ihren kleinen Biestern, Krieger stapeln ihre Schilde bis zur Wolkendecke. Ich hingegen habe schnell sowohl meine Hand, als auch meine Lebenspunkte leer gespielt - und das Match verloren. So komme ich auf keinen grünen Zweig, so darf es nicht weitergehen.
Also schnappe ich mir kurzerhand erfahrene Spieler und hole mir Hilfe beim Deckbau. Wie sich herausstellt, ist die Komposition des Decks erheblich wichtiger, als ich in meinem jugendlichen Leichtsinn angenommen hatte. Karte A passt gut zu Karte B, vor allem wenn Karte C ins Spiel kommt - nimm davon mal lieber zwei. Kaum habe ich ein anständiges Schamanen-Deck, kann ich auch ein paar Level in der Ladder herausholen und meine Taktiken weiter verfeinern. Schnell achte ich wesentlich eher darauf, wann ich welche Zauber oder Monster spiele oder sie zerstöre. Hearthstone macht immer mehr Spaß.
Quelle: Blizzard Press Center / A New Way to Play Hearthstone | Blizzard Entertainment
Aber so viel Spaß Hearthstone auch macht, das Grundproblem bleibt bestehen: Für einen Anfänger ist das Bauen eines Decks zu anspruchsvoll. Die Synergien sind abstrakt und auf spezielle Szenarien beschränkt, in denen man eine Kombination von Karten auf dem Feld oder sogar der Gegner bestimmte Karten besitzt. Sich durch seine Sammlung zu quälen, Effekte zu vergleichen und an fiktiven Szenarien zu schrauben - das ist müßig. Und das unterscheidet Hearthstone von Spielen wie Counter-Strike oder Starcraft, in denen jeder Spieler mit den gleichen Möglichkeiten startet. Und so landet man zwangsläufig auf Internetseiten wie Tempo Storm (link is external), sucht sich ein gut bewertetes Deck aus - und baut es einfach nach. Dabei kann auf die riesige Hearthstone-Community und ihre Deckideen zurückgegriffen werden. Die Community wählt besonders gute Decks aus und schickt sie so auf die Frontpage. Der Bonus: Hearthstone hat mit 50 Millionen Spielern die größte Playerbase des gesamten Blizzard-Portfolios. Ein richtiger Hivemind.
Quelle: Blizzcon Hearthstone Press Kit | Blizzard Entertainment
Sich ein Deck nachzubauen, das scheint für einen Quereinsteiger die einzig sinnvolle Einstiegsmöglichkeit. So die Einstiegsschwelle seines Spiels überwindbar zu machen und dabei nicht etwa auf reine Übung zu setzen, das ist zwar nicht galant, dafür aber reibungslos. Und deshalb habe ich es genauso gemacht. Mit meinen - bescheidenen - zwei Decks habe ich mich durch die Ränge gequält und den Holzrahmen durch beständiges Eisen getauscht. Und weil Eisen so beständig ist, verliert der Aufstieg bereits an Fahrt und bleibt bei Rang 18 stehen. Nichtsdestotrotz: Mein Spiel hat sich alleine durch ein vernünftiges Deck erheblich verbessert. Statt wie ein frustrierter Handwerker alles von der Hand auf den Tisch zu zimmern, treffe ich bewusst Entscheidungen und wäge zwischen verschiedenen Alternativen ab. Besonders wichtig: Bereits an den übernächsten Zug und die Züge danach denken. Sobald man sich in diese Richtung entwickelt, verdoppelt sich der Spaß am Spiel. Und den habe ich bis heute.
Wie ist es bei Dir: Deck-Mimikry oder chaotisches Ausprobieren?
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