Die größten StarCraft-Rivalitäten aller Zeiten (Teil 2): StarCraft 2-Edition

Rivalitäten sind die Essenz des Wettbewerbs: Ein Duell zweier Parteien, oft ergänzt durch eine persönliche Komponente. Sie polarisieren, emotionalisieren und reißen mit. Wir präsentieren Euch einige der besten Rivalitäten der StarCraft-Geschichte.

Marco | TripleM 22.04.16

Nicht alle Rivalitäten sind gleich - in Entstehung, Form und Resultaten unterscheiden sie sich teilweise extrem. Manche entstehen vollkommen natürlich: Wenn die besten Spieler eine Szene dominieren, dann treffen sie irgendwann automatisch aufeinander, wie gewaltige Naturkräfte, die sich aufeinander zubewegen und keinen Raum finden, um auszuweichen. Sie sind wohl die reinste Form einer Rivalität, vollkommen professionell und sachlich. Nichts persönliches - es geht "nur" um absolute Dominanz.

Andere sind künstlich geschaffene Entitäten, aufgeblasen von Medien und Fans, befeuert von ein paar missverstandenen Kommentaren - sie werden vielleicht irgendwann zu richtigen Duellen, sind meist aber nur heiße Luft. Und dann ist da noch der Mittelweg, welcher sich wohl der größten Beliebtheit erfreut: Nichts begeistert die Massen mehr, als zwei Top-Kontrahenten, die sich nicht ausstehen können, sich beleidigen oder demütigen. Denn hier geht es um beides: Um professionelle Dominanz und um persönlichen Triumph, um Drama. Angetrieben von Wettbewerb, Medien und Fans sind dies die Rivalitäten, die Geschichte schreiben und an die man sich noch Jahre später erinnert.

Diese Liste soll einen kurzen Überblick über einige der größten Rivalitäten der StarCraft-Geschichte geben. Da sich in den Jahren jedoch eine ganze Menge an Rivalitäten angestaut hat, ist dies nur der erste Teil der Auflistung. Sie soll außerdem die Rivalitäten nicht bewerten, sondern lediglich eine Übersicht bieten. Einige dieser Duelle verdienen es mit Sicherheit auch, in separaten Artikeln detailliert betrachtet und nachverfolgt zu werden.

StarCraft 2

Foreign Powerhouses

Der Beginn von StarCraft 2 erschien glorreich und vielversprechend für all diejenigen, die nach einer Dekade koreanischer Brood War-Dominanz Foreigner-Siege sehen wollten. Koreas GSL - bewusst Global StarCraft 2 League getauft - bot Spielern aller Herren Länder einen Wettbewerb. Weltweit sprangen Organisationen auf den SC2-Zug auf und hielten Events ab. Allen voran waren es dabei drei Spieler, die Aufmerksamkeit auf sich lenkten: Der so kontroverse wie begabte Greg "IdrA" Fields, der allen sympathische Chris "HuK" Loranger und der beliebte Jonathan "Jinro" Walsh.

Es sollten diese drei sein, die Foreigner-StarCraft 2 in der ersten Zeit dominierten - und es in Korea präsentierten. IdrA spielte alle drei GSL Open Seasons und qualifizierte sich danach direkt für Code S, Jinro trat erst in der dritten Open Season an - und erreichte auf Anhieb das Halbfinale. Ein Ergebnis, welches so für Foreigner seit dem Beginn von Brood War nicht mehr erreichbar gewesen war. In der ersten Saison von GSL Code S konnte er dieses Ergebnis wiederholen - doch nur über IdrAs virtuelle Leiche. Die beiden duellierten sich im Viertelfinale, aber der schwedische Terraner setzte sich am Ende mit 3-1 durch. IdrA, frustriert durch die damals extrem schlechten Maps für Zerg, führte im letzten Match einen vergeblichen 6-Pool durch. Letztendlich sollte Jinro tatsächlich das letzte Wort behalten: Er gewann ein zwischen den beiden besten Foreignern angesetztes Showmatch ("Clash of the Titans"). Es war keine lange Rivalität, die die beiden verband, aber eine interessante, da sie in Korea stattfand - ein Novum für Foreigner.

IdrA gegen HuK allerdings spielte sich nicht nur in Korea ab. Die beiden konnten sich überhaupt nicht leiden - IdrA hasste Cheese und All Ins, HuK setzte solche Strategien gerne ein und mit IdrAs Temperament nahmen die Dinge eben ihren Lauf: In einer MLG After Show nannte er HuKs Entscheidungen in seinen Spielen "retarded" und erklärte, dass HuK nur "Gimmicks" einsetzt, um Fans zu gewinnen. Im selben Turnier dominierte er gegen HuK. Bei ihrem nächsten Aufeinandertreffen demütigte IdrA seinen Gegner, indem er Hatcheries als Zeichen des Triumphs in dessen Basis platzierte. Bald darauf zog es HuK ebenfalls nach Korea, wo IdrA zu streamen begonnen hatte - die Ladderduelle, oft begleitet von Trash Talk und Cheese, waren ein Publikumsmagnet und IdrA hatte oft gut über 10.000 Zuschauer auf seinem Stream.

Im nächsten MLG-Duell der beiden geschah dann der berühmte "Hallucination-Incident": IdrA lag in Führung, doch verließ dann das nächste Spiel kommentarlos, als er einer Armee aus Void Rays gegenüberstand - halluzinierten Void Rays. HuK wies IdrA im nächsten Spiel nicht sonderlich taktvoll auf den Fehler hin, dieser antwortete in typischer Manier. HuK gewann das Spiel, provozierte seinen Gegner und erntete dafür vor laufender Kamera den Mittelfinger. Doch IdrA kam am Tag darauf in der Extended Series in dominierender Manier zurück und blieb dadurch erneut gegen HuK siegreich. Im Interview danach sagte er, dass HuK ihn niemals in einem "richtigen Spiel" besiegen könnte - also ohne Cheese oder All Ins.

Danach kühlte die Atmosphäre zwischen den beiden Streithähnen überraschend ab: HuK gewann seine erste Serie gegen IdrA im HomeStory Cup III, doch beide zeigten sich freundlich und professionell. Und bald darauf gab es einen der spannendsten Transfers in der StarCraft 2-Geschichte: Die Evil Geniuses verpflichteten HuK von Team Liquid und bewarben dies groß als einen Zusammenschluss der alten Erzrivalen IdrA und HuK. Von da an bezeichneten die beiden sich als Freunde und stichelten nur noch in relativ harmloser Manier - freundlich eben.

Endstand: IdrA 10 - 11 Jinro, IdrA 17 - 12 HuK

The One True King

Jeong "Mvp" Jong Hyeon, einer der größten StarCraft 2-Spieler aller Zeiten und sicherlich der beste Spieler in Wings of Liberty, hatte so einige Rivalitäten. Doch die gegen Lee "MarineKing" Jeong Hoon ist wohl die wichtigste, denn sie definierte beide Spieler: Einen Champion, jeder Situation gewachsen und seinen Gegnern, gar seiner Zeit, immer mehrere Schritte voraus. Und einen King, der seine Emotionen über den Lauf seiner ganzen Karriere hinweg niemals unter Kontrolle bringen konnte und deswegen letztendlich immer scheiterte, wenn es darauf ankam. Zusätzlich zeigte diese Rivalität zwei Spielstile, die sich gegenüberstanden: MarineKings micro-intensiver, aggressiver und absolut sturer Stil, gegen Mvps macro-orientierte, defensive Brillanz, ergänzt durch den richtigen Cheese zur richtigen Zeit.

Mvp verlor niemals eine Serie gegen MarineKing, verwehrte ihm zwei GSL-Titel und zeigte stets überragendes Gameplay gegen den Konkurrenten. Durchaus eine einseitige Affäre also, wenn nur die Resultate betrachtet werden. Doch wenn man sich die Serien ansieht, die einzelnen Matches, dann wird schnell klar, wie MarineKing von diesen Duellen geprägt wurde. Er gab in einem Interview zu, dass er in Spielen gegen Mvp einen psychologischen Block verspürt, den er nicht überwinden kann. Kein Wunder: Mvp brachte ihn mehrmals zum Weinen.

Endstand: Mvp 20 - 4 MarineKing

Civil War

Wo MarineKing auf ganzer Linie versagte, den terranischen Thron von Mvp zu übernehmen, konnte Moon "MMA" Seong Won Erfolge erringen. Der "Sohn des BoxeR" erntete durch seine zahlreichen Siege in GSTL und GSL gegen namhafte Spieler den Spitznahmen "Legend Killer" und lebte diesen Namen aus - doch auch er wurde durch die Rivalität mit Mvp geprägt. Anders als MarineKing jedoch wurde MMA nicht durch sie gebrochen. MMA trug kein emotionales Trauma davon, das ihn seine Karriere über begleiten würde. Er gab niemals auf, bis er endlich siegte. Und er behielt danach auch die Oberhand. Hätte Mvps Gesundheit ihn 2013 nicht im Stich gelassen, hätten wir in der WCS Europe sicherlich eine epische Fortsetzung dieses Duells mit erleben dürfen.

Mehr zu dieser Rivalität findet Ihr außerdem in unserem Portrait zu MMA.

Endstand: Mvp 15 - 20 MMA

Struggle for Supremacy

MMA war nicht der einzige, der den Giganten des Schlachtfelds 2011 zu Leibe rückte: Ein Zerg mit dem Nick Park "DongRaeGu" Soo Ho wollte es ihm gleich tun und errang Sieg um Sieg. Sie waren die beiden Newcomer, die die alte Garde herausforderten. Mit neuen Strategien, besseren Mechanics und einer neuen Philosophie. Doch wer zugleich an die Spitze will, wird sich früher oder später auf die Füße treten, und dies geschah auch mit diesen beiden Spielern - vor allem in der GSTL, wo sie die Ace-Spieler ihrer Teams waren. DRG war dort gar so erfolgreich, dass man ihn "Final Boss" nannte. Die Duelle der beiden gehörten zu den besten TvZ-Spielen, die man bis dahin gesehen hatte: Temporeich, voller Action und Spannung. Das Blizzard Cup Finale 2011 zwischen den beiden - DRG holte einen 0-3 Rückstand auf, bevor MMA in einem atemberaubenden letzten Spiel den Sack zu machen konnte - galt als bis dahin bestes GSL-Finale.

Doch nicht nur die Qualität der Spiele macht diese Rivalität so interessant. Ein spannender Aspekt der Rivalität der beiden ist, dass sie keine Konkurrenten hätten sein müssen: DongRaeGu wurde ursprünglich zusammen mit MMA vom legendären BoxeR für sein Team SlayerS rekrutiert. Sie waren wie Brüder unter dem "Vater" BoxeR. Doch DRG verließ die Organisation schnell, um seinen eigenen Weg zu finden, abseits dieses legendären Terraners. Und er fand ihn.

Mehr zu dieser Rivalität findet Ihr außerdem in unserem Portrait zu MMA.

Endstand: MMA 10 - 15 DongRaeGu

War of Eternity (2) & The Unholy Alliance

Mehr zur Geschichte der Telecom-Rivalität findet Ihr in der Brood War-Edition dieses Artikels.

SK Telecom T1 und KT Rolster führten ihre brennende Rivalität aus Brood War beinahe nahtlos in StarCraft 2 fort und standen sich seither in einem weiteren Grand Final der Proleague gegenüber. Dieses gilt als das vielleicht beste Finale eines StarCraft 2-Wettbewerbs aller Zeiten, sicherlich aber als bestes Proleague-Finale in StarCraft 2. Jedes SPL-Match der beiden Teams wird sehnlichst erwartet und jedes Aufeinandertreffen individueller Spieler der beiden Teams nährt auch in SC2 das Feuer. So etwa die Rivalität zwischen Flash und PartinG, die im SPL Finale von 2014 ihren Höhepunkt fand.

Doch StarCraft 2 hat auch eine eigene Rivalität hervorgebracht. Sie ist heute nicht mehr existent, dominierte aber die ersten Jahre der Foreigner-Szene: Evil Geniuses gegen Team Liquid. Das "böse" und profitsuchende Team aus Nordamerika gegen das "gute" und sympathische Team aus Europa. IdrA gegen HuK. IdrA gegen Jinro. PuMa gegen HerO. Das sind die Duelle, die diese Rivalität ausmachten. Vorfälle wie der Wechsel HuKs von Liquid zu EG verschärften die Rivalität noch - als Diebstahl sahen Liquid-Fans das hohe Angebot EGs für den Kanadier an. Und schließlich folgte die große Überraschung: Die beiden Erzrivalen schlossen sich zusammen, um gemeinsam an der prestigeträchtigen Proleague teilzunehmen. "Unholy Alliance" taufte man das gemeinsame Unternehmen. EG-TL war in Korea nicht sonderlich erfolgreich, doch für die Fans beider Teams stellte das spannende Experiment ein tolles Event dar. Mittlerweile ist die Feindschaft abgeklungen, die EG gegen Liquid-Duelle haben ihre Würze verloren. Doch gerne erinnern sich viele an diesen Schlagabtausch zurück.


Der 1v1-Charakter von StarCraft ist eine perfekte natürliche Umgebung für die Entwicklung großartiger Rivalitäten, weshalb viele hier noch keine Erwähnung fanden. Etwa das Duell der Kings in the North NaNiwa und ThorZaIN, oder Lifes Fehden mit TaeJa und Dream. Das Duell der Giganten Mvp und NesTea. Für diese und andere bemerkenswerte Duelle ist sicherlich eine weitere Ausgabe dieser Liste notwendig.

Welches der Duelle ist Euch am meisten in Erinnerung geblieben? Und über welches würdet Ihr gerne mehr erfahren?

Fotos: Kevin "Silverfire" Chang für Team Liquid (Mvp, MMA, DongRaeGu, Jinro) & Cody Schroeder (IdrA, HuK)

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Autor: Marco | TripleM

Mein Name ist Marco, ich bin Student und mittlerweile seit fünf Jahren in der Esport-Szene als Schreiberling aktiv. Mein "Fachgebiet" ist StarCraft (2), und hier vor allem die glorreiche Szene in Südkorea. Ansonsten bin ich sehr großer Fan von anderen Strategiespielen, egal ob in Echtzeit oder Runden. eSport-technisch bin ich außerdem in Dota 2 aktiv.

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