Durch joggen besser zoggen

Training macht eSportler besser. Aber muss das Training auch zwangsläufig vor dem Rechner stattfinden? Wissenschaftler finden immer mehr Anhaltspunkte dafür, dass Ausdauersport die Gehirnleistung verbessert. Wir zeigen, was genau dahintersteckt und wie Sport eure Performance beim Zocken verbessern kann.

Gerrit 28.10.15

Unter dem Hashtag #keinehalbensachen ruft BONJWA-Mastermind Niklas jeden Samstag zu einer Laufrunde im Eppendorfer Park auf. Zusätzlich quält er sich mittlerweile fast täglich durch Freeletics-Workouts mit so euphemistischen Namen wie „Hermes“, „Prometheus“, oder „Aphrodite“. Kurz: In Punkto körperlicher Fitness ist Niklas derzeit in der Form seines Lebens - auch wenn es gegen Pushup-Monster-Mental in diesem Jahr bei der Liegestütze-Challenge beim Community-Treffen auf der Gamescom noch nicht ganz gereicht hat.

But why?

Einige werden sich jetzt fragen: Wieso tut er sich das an? Wieso ein bis zwei Stunden täglich schwitzen, fluchen und pumpen, wenn man gleichzeitig seine Starcraft-Skills trainieren könnte? Weshalb die immer gleichen Kilometer um den Eppendorfer Park, dann Liegestütze, Burpees und Klimmzüge, wenn man seine knappe Zeit ins Bonjwa-Projekt stecken könnte? Oder anders gefragt: Wieso sollte man rennen, wenn man nicht verfolgt wird?

Schlaulaufen

Die kurze Antwort darauf könnte lauten: Weil der Skill am Rechner vom Skill beim Sport profitiert. Sportmediziner weisen in immer neuen Studien nach, wie körperliche Bewegung auch die Leistungsfähigkeit des Gehirns positiv beeinflusst. Wer seine Muskeln trainiert, der trainiert automatisch auch seine grauen Zellen. Der Einfluss von sportlicher Aktivität auf das Gehirn ist durch messbare biochemische Prozesse nachweisbar. Vor allem Ausdauersport verbessert die Gehirnleistung. Ausgehend von einer besseren Durchblutung des Denkorgans entstehen im Hippocampus zusätzliche Nervenzellen. Neurotransmitter werden in größerer Zahl ausgeschüttet, Nervenzellen stellen untereinander neue Verbindungen her. Dadurch können Informationen wesentlich schneller verarbeitet werden. Forscher wiesen in diesem Zusammenhang eine signifikante Steigerung der kognitiven Fähigkeiten der Probanden nach. Der Sport hat also positive Auswirkungen auf unser Gehirn.

Der Neurologe Tobias Schmidt-Wilcke vom Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil analysierte 26 Leistungssportler und 12 bekennende Nichtsportler in einem Kernspintomografen (MRT). Der Vergleich ergab: Die Sportler hatten in bestimmten Bereichen, vor allem im sogenannten supplementären motorischen Areal (SMA), deutlich mehr Hirnsubstanz als die Nichtsportler. Dieser Bereich des Gehirns, die so genannte supplementär-motorische Rinde, spielt eine Rolle beim Erlernen von Handlungsabfolgen sowie dem Ausführen komplexer Bewegungsmuster. Die SMA besitzt darüber hinaus eine wichtige Funktion zur Kontrolle beidhändiger Handbewegungen. Gerade hier wird der Zusammenhang zum trainingsintensiven eSport offensichtlich. Das bedeutet: Wer Sport treibt, der hat auch im eSport einige Vorteile.

Wieviel Sport sollte man treiben?

Wer nun selbst aktiv werden, will muss nicht zwangsläufig das Trainingspensum von Niklas abreißen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren mindestens 150 Minuten pro Woche körperlich bewegen. Dazu gehören übrigens auch Freizeitbeschäftigungen wie Spazierengehen, der morgendliche Gang zum Bus oder zur U-Bahn oder das Fahrradfahren zur Arbeit. An zwei oder mehr Tagen in der Woche sollte darüber hinaus ein umfassendes Training für alle größeren Muskelgruppen gemacht werden. Erst wenn man eine gewisse Grundkondition aufgebaut hat, empfehlen sich so genannte High Intensity Trainings (HIT), zu denen auch die Freeletics von Niklas gehören. Der Vorteil: Trainiert wird mit dem eigenen Körpergewicht, man benötigt also keine (beziehungsweise kaum) Geräte. Zudem dauern solche Workouts teilweise nur wenige Minuten und lassen sich häufig sogar in den eigenen vier Wänden absolvieren.

Quelle: Ruhr Universität Bochum

Potenzial ausschöpfen

Diese sportmedizinischen Erkenntnisse werfen ganz grundlegende Fragen auf: Kann das Gehirn nur dann optimal arbeiten, wenn man regelmäßig Sport treibt? Könnte körperliche Fitness unsere Reaktionsfähigkeit, Schnelligkeit und Lernfähigkeit beim eSport verbessern?

Ja - und aus diesem Grund ist die Initiative Verantwortungsvolles Gaming Teil von Bonjwa. Heißt das nun, dass untrainierte oder übergewichtige Menschen zwangsläufig die schlechteren Gamer sind? Natürlich nicht - aber sie schöpfen ihr Potenzial bei Weitem nicht aus. Sie könnten sehr viel besser sein, wenn sie sportlich aktiv wären.

Was denkt ihr? Alles Humbug oder glaubt ihr, dass Sport euch zu besseren eSportlern macht?

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Autor: Gerrit

Starcraft-Fanboy der ersten Generation, der trotzdem nie über die Platinliga hinausgekommen ist... aber inzwischen wunderbar damit leben kann. Ich suchte Sport und eSport und interessiere mich vor allem für die Wechselwirkungen zwischen beiden.

29. Oktober 2015 - 17:01
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Blechfaust
Core
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17.09.2018 - 18:45
16.03.15
282

Sehr guter Artikel.

Mich ärgert, dass meine Knie momentan nicht in Ordnung sind. Och mache zwar jeden Abend eine Übung - kann aber deswegen nicht schwimmen gehen (Scherenbeinschlag nicht gut. Kann kein Kraulschwimmen. Joggen laut Orthopäden für mich raus).

Es wäre cool, wenn Niklas - vielleicht zusammen mit dem guten Gino - ein paar einsteigerfreundliche Übungen zusammenstellen könnte.

Macht weiter so! Und Danke.

31. Oktober 2015 - 0:08
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Cable
Core
Offline
30.11.2017 - 21:03
24.02.15
30

Guter Artikel,

es ist schon erstaunlich wie der menschliche Körper funktioniert. Da kriegt man gleich Lust die Laufschuhe auszupacken und eine Runde zu drehen. :-)

Danke Niklas, dafür dass es dich und Bonjwa gibt. Ich führe euch und euer Mindsetting oft mit in die Firma und alle staunen nicht schlecht wenn ich dann erkläre dass ihr ne eSports-Schule seid.

Also bitte weitermachen!

glg, Cable