Im Profil: Alexey "White-Ra" Krypnyk

Für seine "Spesual Tactics" gefeiert und für seine Art von den Fans geliebt. Das ist der Protoss des letzten Jahrzehnts - das ist Alexey "White-Ra" Krypnyk, den wir euch im Folgenden ein wenig vorstellen wollen, denn jeder sollte von ihm gehört haben.

Tammy | Shàwen 20.10.16

Viele von euch werden es sicher nicht kennen, aber jedes Jahr im Oktober läuft das Austin Film Festival, welches dieses Jahr am 12. Oktober startete. Dieses Festival wurde 1994 in Texas ins Leben gerufen und diente ursprünglich dazu, unbekannten Drehbuchautoren zu helfen ihre Karriere anzukurbeln. Mittlerweile hat es sich aber zu einer kleinen Institution vieler Filmeliebhaber der Welt entwickelt und lockt jährlich so einige Besucher nach Austin. Wieso wir euch das alles erzählen? Ganz einfach, dieses Jahr wurde dort am Freitag den 13. Oktober ein Film vorgestellt, der uns alle begeistern soll: ProGamer. In diesem Film werden die Karrieren und das Leben von zwei verschiedenen Progamern in Europa beleuchtet und es sollen Einblicke in ihre Welt gezeigt werden – mit allen Facetten. Und wer wäre da besser geeignet als der ukrainische Spieler Aleksey „White-Ra“ Krypnyk – mein persönlicher Held der SC2 Szene. Warum? Weil er einfach White-Ra ist. Viele von euch werden ihn sicher nicht mehr kennen, deswegen stellen wir ihn euch hier in einem kurzen Portrait vor, denn jeder sollte von „Mr. Special Tactics“ gehört haben.

Aller Anfang ist schwer

White-Ras Karriere begann nicht so steil wie die vieler anderer Progamer, obwohl er das Echtzeitstrategiespiel Starcraft und Starcraft Broodwar schon seit der Veröffentlichung im Jahr 1998 spielte – zunächst als Zufallsspieler, später als Protoss. Erst im Jahr 2003, also fünf Jahre nach dem Release von Starcraft, gelang es ihm sich für das „World Cyber Game Event (WCG)“ zu qualifizieren, auch wenn er die Gruppenphase nicht überstand. Dennoch konnte er dem internationalen Roster von pro-Gaming (pG) beitreten und entwickelte sich über die Jahre stark weiter - dies war der Beginn für einen der besten Protoss-Spieler seiner Zeit.

Als das komplette SC Rooster von pG, das bis dahin viele der stärksten europäischen Spieler beherbergte und so die Szene in Europa stark dominierte, 2005 gegen das Roster von Templars of Twilight ausgetauscht wurde, war es für einige Spieler Zeit sich zurückzuziehen. So kündigte unter anderem der damals 19-jährige FiShYe seinen Rückzug an. Nicht so White-Ra, der mit 25 Jahren erst anfangen sollte brühmt zu werden. So trat er dem BossClub bei und schraubte weiter an seiner Progamer Karriere.

Es geht bergauf

Im Jahr 2006 war endlich die Zeit für den James Bond der Starcraftwelt gekommen – er spielte bei der ToT’s Invite Tour mit und gewann das „Asus Summer 2006“ Turnier, bei dem er sein erstes größeres Preisgeld einfahren konnte. Nur einen Monat später spielte er bei den WCG 2006 in Italien mit und wurde der zweite seiner Gruppe. Leider schaltete ihn der Koreaner iloveOov, der von seinen Fans den Beinamen „The Terran Machine“ erhielt, im Elimination Bracket aus. iloveOov entschied das Turnier letzten Endes für sich und konnte mit einem Preisgeld von 25.000 USD nach Hause gehen. Obwohl White-Ra die Begegnung gegen ilovOov verlor, gab es spektakuläre Spiele und der Ukrainer setzte den Terraner mit seinem Reaver-Shuttle Spielstiel und dunklen Templern so stark unter Druck, dass er das Spiel fast für sich entschied. Leider war er dem starken Macro seines Gegners nicht gewachsen.

Ähnlich siegarm sollte es weiter gehen, auch wenn sich Aleksey Krypnyk in den kommenden Jahren immer einen Platz unter den ersten Drei bei den Asus Spring Turnieren sicherte und bei dem ein oder anderen großen Turnier, wie dem PLG Season3 oder den ESL Major Series Season 3, mitmischen konnte.

2009 schließlich kämpfte er sich in das Finale des ESWC Cheonan, bei dem es um ein Preisgeld von 5.000 USD ging. Leider zog der freundliche Ukrainer den Kürzeren gegen den Flame in persona – IdrA - und konnte sich den Sieg nicht sichern. Nichtdestotrotz war dies ein riesiger Erfolg für ihn und er knüpfte mit einem Sieg in dem Highlander Tournament an diesen an. Ende Oktober startete das International Esports-Festival bei dem er, um den dritten Platz kämpfend, erneut gegen den Amerikaner IdrA, den er selbst „The Evil Genius“ nennt, verlor. Dies sollte nicht ihre letzte Begegnung bleiben und in den kommenden Jahren trafen die beiden Konkurrenten in vielen Turnieren aufeinander – mal gewann der eine, mal der andere und jedes mal lag eine gewisse Spannung in der Luft.

2010 nahm er ein letztes Mal an den World Cyber Games als Broodwar-Spieler teil, ehe er mit der Veröffentlichung vollends zu Starcraft 2 wechselte.

Das Erwachen

Der Umstieg auf SC II war, im Nachhinein betrachtet, optimal für White-Ra, der mittlerweile dem deutschen Team mousesports angehörte. Er überzeugte 2010 im Go4SC2Cup#27 und wurde zur IEM Global Challange Cologne eingeladen, bei der um 15.000 USD gespielt werden sollte. Leider schaffte er es nicht aus der Gruppenphase, so dass sein größter Erfolg vermutlich der dritte Platz der Blizzcon2010 in diesem Jahr war, auch wenn er noch mehrere kleinere Turniere wie das Global Gamers Inventional für sich gewinnen konnte.

White-Ra (link is external) (bearbeitet und verändert) von Escene.de (link is external), Lizenz: CC BY 3.0 (link is external)

Im Janaur 2011 startete er allerdings mit drei Siegen in Folge voll durch - er gewann den zweiten Homestory Cup und besiegte den gefeierten NaNiwa. Daneben siegte er beim SCReddit Invitational und dem Root Gaming’s Warzone. Er war der erste Spieler, der drei große Turniere an nur einem Wochenende gewann und er sollte auf lange Zeit der einizige bleiben. Genauso gut sollte es weiter gehen – er setzte sich bei dem IEM Season V - European Championships gegen die dominierenden Terraner, u.a. DeMusliM, durch und wurde dafür von seinen Fans in der Ukraine gefeiert – auch wenn er im Finale gegen SojW verlor.

Im selben Jahr vernichtete er den hoch gelobten, stark favorisierten MC, der damals noch oGsMC hieß, mit einem spektakulären Warp-Prism Build während des World vs. Korea Showmatches auf dem 2011 GSL World Championship. Allerspätestens hier überzeugte er jeden von seinen Qualitäten und machte durch seine speziellen Taktiken auf sich aufmerksam – so sahen alle, was für die Fans schon lange klar war: er ist Mr. Special Tactics. Auch heute noch wird dieser Kampf zwischen White-Ra und MC als eines der spektakulärsten PvPs gefeiert. Leider blieb dies der einzige Sieg gegen den viel gefeierten Koreaner – bei den kommenden Turnieren, wie dem TSL3, verlor White-Ra gegen MC, der sich scheinbar auf den Stil des Ukrainers eingestellt hatte.

Der mittlerweile 30-jährige Alexey holte im Oktober seinen nächsten großen Sieg und gewann die IGN ProLeague Season 2, die mit 15,000 $ Preisgeld für den ersten Platz dotiert war, gegen den zwölf Jahre jüngeren Zergspieler Nerchio. Das Jahr endete für ihn mit der Dream Hack Winter 2011, bei der er dem Schweden Naama in den Playoffs 2:1 unterlag. Insgesamt sollte 2011 jedoch das stärkste Jahr für Mr. Special Tactics bleiben – so nahm er bis 2014 zwar noch an einigen Turnieren teil und belegte u.a. den zweiten Platz des in Kiev veranstaltenten 2012 StarCraft II World Championship Series: Ukraine Nationals, konnte aber nicht mehr an seine vorherigen Erfolge anknüpfen.

Es wird Zeit für den Rückzug

Obwohl Alexey noch bis Ende 2014 an verschiedenen Turnieren teilnahm, zog er sich langsam aus seiner Karriere als aktiver Progamer zurück, auch wenn er seinen Fans treu erhalten blieb. So sieht man ihn immer wieder bei Showmatches und er nahm auch am Legacy of the Void Beta-Test teil. Noch heute streamt er für seine Fans und füllt seinen Youtube-Kanal weiter mit interessanten und lehrreichen Videos, auch wenn in den letzten Jahren immer mehr Videos abseits von SC2 den Weg auf seinen Kanal fanden. Aber auch dafür feiern ihn seine Fans – er gibt Einblicke in sein Leben und teilt seine Eindrücke verschiedener Conventions mit ihnen. Er lebt, was er schon immer sagte und lebte – der Support der Community ist ihm wichtiger als die Siege in verschiedenen Turnieren und er möchte seinen Fans etwas zurückgeben.

„First we make Expand and then we defense it“

White-Ra hat es weit gebracht in der eSport Szene, was er wohl letztlich auch seiner Art zu spielen zu verdanken hat. Wenn man an ihn denkt, so denkt man doch immer an "Mr. Special Tactics“ – so überzeugte er stets durch neue, innovative Taktiken oder durch Veränderungen bereits vorhandener Strategien. Seine Stärke lag immer in einem Spielstil, der es ihm erlaubte, stets die Kontrolle zu behalten und den Gegner zu fordern – so war ein allseits beliebtes Werkzeug das Warp-Prisma.

Obwohl White-Ra zweifelsohne ein hervorragender Starcraft Spieler ist, der eine schöne, wenn auch sein Alter betrachtend, recht späte Karriere hingelegt hat, werden ihn die meisten von uns jedoch sicherlich nicht nur deswegen in wundervoller Erinnerung behalten – sondern wegen seiner Menschlichkeit. In seinen Spielen war er stets freundlich und hatte für seine Gegener immer ein aufmunterndes Wort übrig – selbst den härtesten Konkurrenten vermochte er noch zu motivieren oder im Zweifel zu trösten. Durch seine fröhliche, sympathische und höfliche Art gelang es dem Ukrainer immer schnell auf offene Herzen zu stoßen.

Wer kennt sie nicht – diese Sätze von White-Ra, über die man einfach schmunzeln muss, wenn er versucht Starcraft zu erklären? Wer kennt nicht die Videos, in denen er Möwen füttert und die er mit „Feeding mutalisks“ betitelt? Wer schmunzelt nicht, wenn White-Ra seine Grillfotos mit „First we make Barbecue and then we defense it“ untertitelt. Vermutlich niemand, denn jeder denkt an die sympatische Art des liebenswürdigen Mr. Special Tactics – da ist ein Lächeln nicht weit.

Daher verwundert es niemanden, dass er auch im privaten Bereich viel Gutes tut und sich sehr für die Probleme seiner Mitmenschen einsetzt. So lud er beispielsweise im Jahr 2014 seinen Einkaufswagen voll, um den Inhalt Bedürftigen in der Ukraine, im Zuge der Krise, zukommen zulassen und er postet immer wieder Hinweise und Statements auf seiner Facebookseite, wenn er auf ein politisches Problem aufmerksam machen möchte. Er macht das, was derzeit auch viele Menschen in Europa tun – helfen, wo es ihnen möglich ist. Auch wenn seine Progamer Karriere mittlerweile beendet ist, so freue ich mich immer von ihm zu hören. Umso mehr freut es mich, dass er in einem Film über eSport mitwirkt und ich hoffe, dass auch wir diesen Film bald sehen können und Einblicke in das zweifelsohne nicht ganz einfache Leben eines Progamers in Europa bekommen. Vielleicht wird dieser Film dem einen oder anderen auch die Augen öffnen – Progaming ist sicher nicht immer das Zuckerschlecken, das sich viele darunter vorstellen.


Wie sieht es bei euch aus? Kennt ihr ihn noch, unseren Mr. Special Tactics und habt ihr ihn damals auch so gefeiert?

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Autor: Tammy | Shàwen

Manche nennen mich Tammy, Gute-Laune-Mensch, Life for Science, Alles wird gut!, Kaninchenfreund, hat ein Herz für Horrorspiele und ganz wichtig: Oo De Lally!

21. Oktober 2016 - 9:45
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KeRRiGaN
Benutzer
Offline
26.10.2016 - 17:57
18.11.13
10

White-Ra.... einer der unglaublich freundlichsten Menschen die ich kenne. Ich habe ihn bislang leider erst einmal persönlich getroffen. Ein super Spieler und viel wichtiger ein richtig netter Mensch. Guter Text!