Overwatch: Beta-Eindrücke

Ein letzter Blick auf Blizzards neustes Werk, bevor am 24.5.2016 offiziell der Startschuss fällt. Wird der Titel dem Hype gerecht und hat der Shooter wirklich eSport-Potenzial?

Max | Zahard 12.05.16

Wie gestern scheint es, dass wir auf der gamescom 2015 Overwatch ein erstes Mal antesten durften. Die Atmosphäre von damals schwebt noch heute im Raum, wenn man geradezu nostalgisch zurückdenkt. Verwunderlich wie schnell die Zeit vergangen ist, denn in nicht einmal zwei Wochen erscheint Blizzards neustes Franchise endlich. Höchste Zeit also, um den Moba-Shooter ein letztes Mal anzuspielen, bevor die Beta endet und das Game endlich durchstartet. Vom fünften bis zehnten Mai hatte dabei jeder selbst die Möglichkeit, die Helden- und Antiheldenbrigade auszuprobieren und sich eine eigene Meinung zu bilden.

Quelle: Blizzard

Falls Ihr diese Einladung verpasst habt: Keine Angst, der Fortschritt der Beta wird nicht mit ins endgültig erscheinende Spiel übernommen. Somit ist niemand im "Rückstand", wenn es endlich losgeht.

Wer bisher noch garnichts Konkretes von Overwatch gehört oder gesehen hat, sollte vorher unsere gamescom-Einschätzung lesen.

Die beta - das kommt auf uns zu

Der Download ist abgeschlossen, die Vorfreude steigt. Wie war es auch anders zu erwarten. Die gamescom hatte einen Heißhunger geschürt, der nun wieder in vollem Umfang aufbrach. Doch bevor wir uns ins Getümmel stürzen, tritt Blizzard bereits mit der ersten kleinen Neuerung zu vorherigen Titeln an uns heran: Ein Tutorial. Sofort nach Spielstart werden wir gefragt, ob man uns in die Welt von Overwatch einführen soll oder wir auf eigene Faust losziehen. Laufen, Schießen, Fähigkeiten und Co. werden im Rahmen eines kleinen Areals geklärt, was primär kompletten Anfängern helfen soll. Nichts Weltbewegendes, aber trotzdem zeigt sich Blizzard nicht nur damit einsteigerfreundlich wie nie.

Da nun bei der Steuerung und dem Spielkonzept keine Fragen mehr bleiben, kann es endlich losgehen. Nachdem wir uns durch das schlichte, aber gut geordnete Menü geklickt haben, bleibt uns die Wahl zwischen verschiedenen Spielmöglichkeiten. Ein klassisches PvP-Match ausfechten, gegen die KI antreten, ein benutzerdefiniertes Spiel eröffnen oder noch einmal den Trainingsmodus besuchen. Echten eSportlern fällt die Wahl leicht: Menschliche Gegner müssen es sein. Wenige Sekunden später erreichen wir die zufällige Arena, in der die 6vs6-Schlacht stattfinden soll. Die dabei möglichen Karten wissen jetzt schon zu begeistern. Ob tibetischer Tempel in Nepal, beschaulicher Küstenort in Griechenland oder neongrelle Stadt in China - alle Orte sehen unterschiedlich aus und besitzen eigene Themen. Auch das Gameplay variiert je nach Austragungsort des Matches. Klassische Deathmatches existieren nämlich nicht!

Quelle: Blizzard

Unterscheiden kann man drei verschiedene Ziele, die je nach Karte anders sind. Die erste Variante bietet normales king-of-the-hill. Zwei Teams, ein Hügel, wer zuerst 100 Punkt hat gewinnt. Der zweite und dritte Modus gehen je nach Map ineinander über oder existieren für sich allein. Während bei einem ein bestimmtes Gebiet eingenommen werden muss, gilt es bei dem anderen, eine Fracht auf einer vorgegebenen Bahn an einen Zielort zu bringen. So sieht die Karte "Hollywood" es zum Beispiel vor, erst die Limousine eines Stars vom gegnerischen Team zu erobern und diese dann zum Zielort zu eskortieren. Wichtig dabei: Sowohl beim Erobern des Gebiets, als auch bei der Beförderung der Ladung erzielt man nur Fortschritte, solange kein Gegner sich in bzw. am Ziel befindet. Sollten die Angreifer sogar vollkommen den Kontakt verlieren, geht der gemachte Fortschritt langsam wieder verloren, bis ein zuvor erreichter Checkpoint erreicht ist.

Damit das nicht geschieht, erhält man die Kontrolle über einen Heroen seiner Wahl. Diese trumpfen jeweils mit eigenen passiven, aktiven und ultimativen Fähigkeiten auf. Wer jetzt denkt: Shooter mit verschiedenen Rollen, die individuelle Begabungen haben, das klingt nach Team Fortress 2, liegt allerdings falsch. Auch wenn Overwatch nach außen wie ein Shooter aussieht, ist es im Herzen ein Moba. Natürlich kann jeder Krieger mehr oder weniger Schießen oder im Nahkampf austeilen, aber im Vordergrund stehen eindeutig die Fähigkeiten und das Zusammenspiel mit dem Team. Dabei spielt sich jeder Charakter extrem unterschiedlich, auch wenn er ähnliche Aufgaben erfüllt. Man bekommt zu keiner Zeit das Gefühl, dass man eine Klasse spielt - man spielt einen Helden.

Lobenswert: Wer Fragen zu den Möglichkeiten seines Charakters hat, kann zu jeder Zeit mit nur einem Tastendruck eine Infotafel aufrufen. Hier sind alle Begabungen kurz erklärt und mit der entsprechenden Tastenbelegung (die sich frei konfigurieren lässt) dargestellt.

Quelle: Blizzard

Wenn die Runde überstanden ist, winken neben den klassischen Erfahrungspunkten auch damit verbundene Lootboxen, die man beim Levelaufstieg erhält. Diese enthalten Skins, Sprays, Sprüche, Posen und Intros für alle Helden oder geben direkt Ingamewährung, die man in die vorangegangen Sachen investieren kann. Wege um durch Echtgeld an verschiedene Ingame-Extras (abgesehen von der Origins Edition) zu kommen, waren in der Beta noch nicht vorhanden. Genauso fehlten bisher alle Anzeichen eines Ranglisten-Systems. Zwar gab es eine Art MMR, aber keine klassische Ladder, in der man eingeordnet wurde.

die beta - Gameplay für den esport?

Die Voranalyse behandelt zwar nur einen Bruchteil dessen, was das Spiel bereits jetzt bietet, aber das wirklich Interessante für den geneigten Bonjwa-Leser: Wird Overwatch eSport-tauglich?

Während man auf der gamescom noch mutmaßen musste, kann man nach der intensiven Testphase endlich sagen: Ja, das ist es! Nicht nur die Balance hat abermals bewiesen, dass sie bereits überraschend ausgereift ist. Auch die Karten begeistern mit unterschiedlichen Schwerpunkten und verschiedensten Taktiken. King-of-the-hill fühlt sich dank des nahezu symmetrischen Aufbaus beider Seiten (aber nicht Aussehen) immer fair an und bietet beiden Teams die gleichen Möglichkeiten. Bei den anderen beiden Modi bedient sich Blizzard eines Tricks, um die Partien offen und spannend zu halten. Durch das Erreichen von Checkpoints verändern sich die Spawnzonen der beiden Teams. So besitzen besonders zu Beginn eines Matches die Angreifer den Vorteil von kürzeren Laufwegen zum Schlachtfeld nach dem Respawn. Die Verteidiger genießen dafür in der Regel einen Terrainvorteil durch erhöhte Positionen oder ähnliches. Im weiteren Verlauf ändert sich dies Stück für Stück. Nichtnur bleibt die defensive Position weiterhin stärker, aber die Laufwege werden für die bedrängte Partei deutlich kürzer.

Quelle: Blizzard

Dieser digitale Kunstgriff sorgt dafür, dass eine Partei auch nur dann die Oberhand behält, wenn sie wirklich besser spielt. So kommt auch am Ende des Spiels selten das Gefühl auf, zu Unrecht verloren zu haben. Was man allerdings durch die dazugewonnene Spielzeit in der Betaphase merkt: Individueller Skill ist deutlich wichtiger, als anfangs vermutet. Das Vorgehen als Team und das Zusammenspiel der Charaktere bleibt zwar im Vordergrund, aber der einzelne Spieler kann mehr ausrichten, als noch auf der gamescom gedacht. Wer ein Gefühl für seinen Helden entwickelt, kann besonders in kritischen Situationen das Spiel entscheiden. Das hat man vor allem bei Heroes of the Storm schmerzlich vermisst.

Im Rahmen dieser Individualität besonders wichtig: Countermöglichkeiten für bestimmte Taktiken. Wer die Beta gespielt hat, wird wissen, wovon die Rede ist. Bestimmte Kombinationen an Helden und Positionen sind nur mit den richtigen Charakteren und koordiniertem Zusammenspiel zu schlagen. Hier kann allerdings Entwarnung gegeben werden. Noch hat sich keine solche Variante einer nahezu unbesiegbaren Teamzusammenstellung gezeigt. Zwar waren manche Heroenansammlungen nerviger als andere, aber man hatte durchweg das Gefühl, mit Geschick und Absprache die Situation klären zu können. Ob dies auch auf zukünftig professioneller Ebene der Fall ist, bleibt abzuwarten.

Fazit

Die gamescom hatte uns mit einem Gefühl des "Ich will mehr" zurückgelassen und genauso ist es nun mit der Beta. Besonders in einer größeren Runde ist Spielspaß garantiert. Ob Shooter-Spieler, Moba-Player oder sogar Konsolen-Zocker, Overwatch hat das Potenzial, ein Riesenhit zu werden. Gameplay, Balance und Spaßfaktor zeigen sich auf Topniveau und sollten viele Spieler in ihren Bann ziehen. Eine große Fangemeinde ist nie garantiert, scheint aber mehr als möglich angesichts der vergangenen Tage.

Dass auch der eSport Interesse an Blizzards neuem Werk hat, zeigt sich bereits auf Seiten wie teamliquid.net. Eine eigene Wiki-Seite und die ersten Turniere mit Preisgeld sind bereits vorhanden und auch die ersten Profiteams steigen in den Ring. Auch unsere deutschen Kollegen von TaKeTv haben mit "Takeover" ein erstes großes Turnier für Overwatch angekündigt, dass bereits fünf Tage nach Release starten soll. Was allerdings bisher fehlt: Main-Events. Blizzard hat bisher noch keine Tournaments angekündigt, um den eSport-Hype weiter zu schüren. Dass dies nur eine Frage der Zeit ist, bleibt angesichts des Potenzials des Games zu hoffen. Wer auf der Suche nach etwas Neuem ist, das alte Genres gekonnt mixt, darf sich aber auch ohne große Veranstaltungen in die kompetitive Szene stürzen. Dann kann es am 24.5.2016 endlich heißen "Die Kavallerie ist da" !

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Autor: Max | Zahard

Als Student aus Leidenschaft schimpft man mich Redakteur in den Diensten Bonjwas. Meine eSport-Karriere begann mit der Spielzeug-Raserei Trackmania Nations vor ungefähr 7 Jahren und fokussiert sich momentan zu 100% auf Overwatch. Ein Game für die Götter :3

Außerdem zock ich leidenschaftlich Victoria 2 und Europa Universalis 4.

12. Mai 2016 - 22:26
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Frostl
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02.11.2017 - 12:34
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Ich lass die 20 seiten 'Was alles an Overwatch schlecht ist' aus und konzentrier mich aufs wesentliche. Macht ow Spaß? ja, das tut es. Zwar ist es ähnlich wie hots alleine kaum zu ertragen, aber gerade in der open beta konnte ich endlich mit Leuten spielen, die ich schon seit Jahren kannte und von denen ich weiß was sie können. Selbst einer meiner Bekannten, der schon länger beta Zugang hat, aber immer ohne uns spielen musste, meinte: 'Ich hatte die Tage mit euch mehr Spaß an OW als den Rest der Beta mit diesen ganzen Clowns.' Ist ow gut? Nein, ist es nicht. Wenn ich für einen Shooter 40€+ ausgebe, dann kann man zumindest Server Browser/Dedicated Server, richtige crosshair optionen, Hud costumization etc erwarten. Im balancing war Blizzard ja noch nie berühmt und deshalb sollte es auch offensichtlich sein, das 21+ Helden niemals in die Nähe davon kommen werden. Gleiches gilt für den Großteil der maps. Auch wenn an einigen maps schon gearbeitet wurde, merkt man das Blizzard noch nie einen Shooter angefasst hat. Fazit: Auch wenn ow ne Menge Spaß machen kann, sollte man sich überlegen ob man dafür wirklich 40€ ausgeben möchte oder nicht doch lieber auf die kostenlose Alternative TF2 zurückgreift.

13. Mai 2016 - 9:45
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Zahard
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15.04.2018 - 18:31
26.11.13
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Ich stimme dir zu, dass besonders in einer größeren Gruppe der Spielspaß ungemein größer ist, würde aber nicht behaupten, dass es allein keinen Spaß macht. Habe auch Solo die Beta gesuchtet und war rundum zufrieden.

Die Kritik auf technischer Seite kann ich zwar nachvollziehen, muss aber zugeben, dass ich davon zu wenig Ahnung habe. Solange das Spiel läuft, die Grafik mich einigermaßen anspricht und die Server die meiste Zeit stabil sind, habe ich nichts zu meckern. Das war in der Beta bereits der Fall (zumindest bei mir).

Blizzard schlechtes Balancing vorzuwerfen finde ich ....übertrieben. Starcraft 1 ist das bis heute wohl am besten gebalancte Spiel im eSport und wenn ich Blizzards Franchises mit anderen großeren eSport-Titeln vergleiche, kann man Ihnen nicht weniger Können darin vorwerfen als anderen. Wie das bei Overwatch wird, bleibt natürlich abzuwarten.

Nur weil Vollpreistitel aus der Mode sind, finde ich nicht, dass es zwangsläufig zu teuer für den Umfang ist. Immerhin wird man nicht mit Microtransaktionen abgezockt wie bei den meisten Titeln.

18. Mai 2016 - 18:23
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Lorgi
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05.09.2018 - 18:51
26.04.16
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Das Problem, das ich mit Overwatch habe ist auch, dass es ohne Singleplayer-Content ein Vollpreistitel ist, und das im MOBA-Sektor. Battlefield 2 war damals eine echte Neuheit, dank des Squad- und Commandersystems, das den Multiplayer zu einer neuen Erfahrung gemacht hat. Das hat einen fehlenden Singleplayer irgendwie ausgeglichen.

Aber Shooter wie Dirty Bomb oder Team Fortress 2 gibt es schon und sie sind F2P (Mikrotransaktionen hin oder her). Ich sehe nicht, was Overwatch mehr bietet als andere, das einen Vollpreis rechtfertigen könnte. Mikrotransaktionen können immer nachfolgen, wie man an WoW gesehen hat und ich habe bis jetzt nicht den Anschein, dass das Spiel eine krasse neue Multiplayererfahrung oder ein Meilenstein sein wird. HotS ist ja auch irgendwie "nur" durchschnittlich (ein schnelles Stück vom MOBA-Kuchen).

Coop-Missionen oder ähnliches würden das ganze sicher ändern und krass aufwerten.

"Im Balancing war Blizzard ja noch nie berühmt" ...ersetze "nie" durch "schon immer", dann ist der Satz korrekt o_O

19. Mai 2016 - 10:52
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Zahard
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15.04.2018 - 18:31
26.11.13
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Ich persönlich empfinde das Gameplay durchaus als neuwertig. Die Dynamik die dem Wechselsystem und den unterschiedlichen Karten inne wohnt, fühlen sich schon komplett anders an als das was ich gewohnt bin. Für 40 € finde ich das okay. Ich sehe eher den Spielspaß und die Unterhaltungszeit als entscheidenden Faktor.

Wenn andere nicht bereit sind bei Realease so viel Geld für ein reines Multiplayerspiel locker zu machen, kann ich das verstehen.

20. Mai 2016 - 14:30
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Line
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09.12.2016 - 15:24
18.11.13
346

Also von vorn herein: Ich wollte das Spiel ursprünglich nicht kaufen und nur die paar Tage Beta spielen um mal zu gucken was so geht.

Allerdings hat mir das Spiel so viel Spaß gemacht dass ich während der open Beta praktisch nichts anderes mehr gespielt habe, mit TF2 kann ich es nicht vergleichen, das habe ich nie gespielt.

Spaß macht es meiner Meinung nach auf jeden Fall, innovativ muss es für mich nicht sein. Ob die 40€ gerechtfertigt sind weiß ich nicht. Momentan würde dem Spiel meiner Meinung nach eventuell noch ein weiterer Spielmodus gut tun, finde die 3 etwas wenig, vor allem da sich zwei davon praktisch überschneiden.

An den Helden und an der Balance gibts nichts zu meckern. Ich werde mir das Spiel kaufen.