The History of Starcraft: Wings of Liberty

12 Jahre sind vergangen. Eine Ära neigte sich langsam dem Ende zu. Es ist Zeit für Wings of Liberty.

Tina | Noxxey 06.10.15

It's done when it's done - der erste Teil der Starcraft II-Trilogie wurde oft verschoben. Die Gerüchteküche kochte auf Hochtouren, Blizzard setzte ständig neue Termine für den Release an. Als es so weit war, schlug Wings of Liberty ein wie eine Bombe - und änderte den eSport für immer. Hier ist die Geschichte von Starcraft II: Wings of Liberty.

Das Announcement - Spannung in Seoul

Wir schreiben den 19. Mai 2007. Blizzard veranstaltete das so genannte "Blizzard Worldwide Invitational" in Seoul. In einem der größten Conventioncenter der Stadt hatten Fans also die Chance tausende Gleichgesinnte zu treffen. Neben den Arena-Turnieren für World of Warcraft waren auch Entwickler vor Ort und veranstalteten Panels. Als es an dann an diesem besagten Samstag Abend langsam dunkel wurde, kam etwas Großes auf die Fans zu. Man wusste, es würde ein Announcement geben - und die Gerüchteküche brodelte.

World of Warcraft war ausgeschlossen: Erst im Januar kam das erste Addon "Burning Crusade" auf den Markt. Natürlich fragten die Fans sich, ob Blizzard nicht etwas Kleineres für WoW geplant hatte - aber dafür gäbe es nicht so ein riesen Theater. Also doch kein World of Warcraft-Announcement. Was war es dann? Warcraft III kam 2002 raus, Diablo II im Jahr 2000. Starcraft I lag sogar noch länger zurück und erschien im Jahr 1998. Damit stand alles offen. Einige Fans riefen nach Warcraft IV, andere nach Starcraft II, Starcraft Ghost oder World of Starcraft.

Die Moderatorin rief Michael Morhaime (Blizzards CEO) auf die gewaltige Bühne. "Annyeong Haseo", begrüßte er die koreanischen Fans. "It is my honor to present to you: Blizzard's newest game." Das klatschende Gewitter der Zuschauer fand kein Ende. Denn es war so weit: Wie immer war erst das Blizzard Logo auf der großen schwarzen Leinwand zu sehen. Und dann eine Stimme: männlich, dunkel - und vor allem unbekannt. Auf einmal sind wir in einem Raum, der mit seinem metallischem Interieur und grellen Neonröhren stark an Cyberpunk erinnert. Und spätestens als der Mann, der plötzlich auftaucht, einen Space Marine-Anzug angezogen bekommt, wussten alle: Starcraft II. Es passiert. Es ist wirklich wahr. And hell, it's about time.

Ein Jahr später: Wir befinden uns im Jahr 2008. Lange Zeit war es ruhig um das Spiel. Doch die Gerüchteküche schläft nicht - im Gegenteil. Die ersten Vermutungen für eine mögliche Veröffentlichung wurden aufgestellt und die Fans waren sich kurioserweise einig: Der 3. Dezember 2008 sollte es sein.
Kurze Zeit später wurde die Hoffnung gnadenlos zerstört. Der Executive Vice President Rob Pardo trat im Juni 2008 an die Öffentlichkeit und erklärte, dass Blizzard nichtmal annähernd mit Wings of Liberty fertig war. Es schien sicher: Das Spiel wird auch ganz bestimmt nicht mehr in diesem Jahr kommen. Blizzard wäre aber nicht Blizzard, wenn sie uns nicht wenigstens ein bisschen Freude machen würden. Noch im selben Atemzug erklärte Pardo, dass Blizzard uns aber am Ende des Jahres noch etwas ganz Besonderes vorzustellen hat.

Mittlerweile ist es Oktober und das bedeutet: BlizzCon. Diablo III und Wrath of the Lich King wurden anfang des Jahres angekündigt und die Starcraft-Fans sollten ebenfalls nicht leer ausgehen. Rob Pardo versprach, dass der zweite Teil sehr viel größer werde und mehr umfasse als der Erste. Und mit dem nachfolgenden Satz ließ er alle RTS-Herzen höher schlagen: Denn Starcraft II wird eine Trilogie. Wings of Liberty sollte nur der Anfang sein und sich auf die Terraner konzentrieren. Vor allem wird aber der Konflikt zwischen Kerrigan und Raynor im Vordergrund der Handlung stehen. Die nächsten Teile sollten Heart of the Swarm und Legacy of the Void heißen. Während Heart of the Swarm sich auf die Zerg fokussiert, behandelt Legacy of the Void die Story der Protoss. Und das Ganze soll nicht nur ein Mini-Game werden - 26 bis 30 Missionen soll jedes Add-on umfassen. Ein Releasedate gab es aber trotzdem nicht.

Die Beta - Blizzards auserwählte

2009 machte Blizzard den Leuten erneut Hoffnung: Der Community-Manager Karune schrieb im Battle.net Forum, dass die Beta noch im Sommer 2009 kommen sollte. Ab Mai konnten die User sich dann für die Beta anmelden. Doch die Enttäuschung sollte schon bald wieder erneut einsetzen - die Beta kam nicht im Sommer. Im November meldete Blizzard sich dann zu Wort und erklärte, dass sie dieses Jahr nicht mehr kommen werde, aber vielleicht 2010.

Im Februar 2010 ging dann alles ganz schnell. Blizzard kündigte noch für diesen Monat die Beta an - und dann kam sie auch: am 17. Februar. Im selben Atemzug wurde außerdem bestätigt, dass Wings of Liberty noch immer Mitte 2010 kommen soll. Im Zufallsverfahren wurden die Glücklichen ausgewählt, die Starcraft II als erstes testen durften.
Zur selben Zeit gestaltete Blizzard das Battle.net um. Es sollte einfacher werden, mit Freunden und Leuten auf der ganzen Welt zu spielen. Das formte das Battle.net und machte es zu dem, das es heute ist. Und das nahm Blizzard als Entschuldigung dafür, Starcraft so spät zu veröffentlichen. Denn das neue Battle.net-Design war wichtig für das Gameplay in Starcraft II - vor allem weil das Matchmaking in der heutigen Form damals gar nicht existierte.

Ein kleiner Schock war das Ganze dann aber doch. Blizzard kündigte nämlich an, dass man nur Online über das Battle.net spielen kann. LAN-Matches werden von Starcraft II nicht mehr unterstützt.

Im Mai 2010 überraschte uns Blizzard mit dem endgültigen Releasedatum von Wings of Liberty: Es sollte am 27. Juli 2010 erscheinen. Außerdem sollte die Beta in zwei Phasen unterteilt werden. Die erste Phase ging vom 17. Februar bis zum 7.

Juni. Danach waren die Server für einige Wochen offline. Das amerikanische Entwicklerstudio wollte noch einige Soft- und Hardwareänderungen vornehmen. Die zweite Phase begann dann am 7. Juli und ging bis zum 19. Juli.

Passend zum neuen Spiel schenkte Blizzard uns auch neue Einheiten - unter anderem Broodlords, Marauder und Stalker. Wie es in einer Beta halt so ist, wurde auch einiges an Änderungen vorgenommen. Schon in der Alpha von Wings of Liberty wurden die Lurker aus dem Spiel entfernt. Selbiges gilt für den Reaver.

Falls Ihr Euch noch erinnern könnt, hatte Blizzard noch einige andere Features im Ärmel, die es leider nicht ins Spiel geschafft haben. Beispielsweise gab es ein Upgrade für die Sensor Tower: die Radar Tower. So bald sich eine gegnerische Einheit in der Nähe befand, ging ein Alarm los und die roten Ausrufezeichen - wie wir sie heute kennen - waren auf der Map zu sehen. Der Sensor Tower alleine konnte das nämlich nicht.

Die konnten nur unsichtbare Einheiten aufdenken. Der Radar Tower wurde in Sensor Tower umbenannt, war kein Upgrade mehr und so, wie wir ihn jetzt kennen, in die Beta implementiert.

Vor der Beta gab es außerdem noch Upgrades für Pylons. Einmal der Obelisk, der hat unter anderem Probes erlaubt, alle 30 Sekunden eine Mineralie mehr zu sammeln. Das zweite Upgrade war der Monolith. Der konnte nahestehende Einheiten tarnen.

Während der Beta gab es dann natürlich die typischen Änderungen: Einige Reichweiten wurden verändert, der Damage wurde generft und einige Einheiten verloren ihre Fähigkeiten wie beispielsweise der High Templar. Der hatte damals nämlich noch die Fähigkeit "Phase-Shift", mit der er gegnerische Einheiten temporär aus dem Spiel verbannen konnte. Die wurde aber direkt mit dem ersten Patch in der Wings of Liberty Beta entfernt.

Der Release - Erfolg bei Mitternacht

Am 27. Juli 2010 sollte es so weit sein. Eine Woche vor dem Release beglückte Blizzard die kalifornischen Fans ganz besonders. Es wurde versprochen, dass es einen Mitternachts-Sale geben wird. Die Festlickeiten starteten um 21 Uhr und es gab ein Live Q&A sowie einige Showmatches.

Auch in anderen Städten auf der Welt gab es Mitternachts-Sales, wobei die eher eine abgespeckte Version waren. Wir Deutschen wurden in Berlin erfreut. Dort gab es einen Ausmal-Contest und als Stargast setzte Blizzard uns den Techniker in die Media Markt-Filiale.

Quelle: Blizzard

Wings of Liberty gab es in zwei Versionen zu kaufen. Unter anderem die ganz normale Version, bei der das Spiel hübsch in einem Karton mit CD und Key verpackt wurde. Die zweite Möglichkeit war die Collector's Edition: 100 Euro hat das Schätzchen gekostet. Der Inhalt bestand aus einem Artbook, einem USB-Stick mit Starcraft I, einer "Behind the Scenes"-DVD, dem Soundtrack, einem Comic-Buch, sowie einem Thor-Pet für WoW und einigen Ingame-Features für Wings of Liberty selbst.

Viele Gaming-Websiten beschrieben den Launch von Wings of Liberty als "vollen Erfolg". Ganze 86% der Bewertungen vergaben an das Echtzeit-Strategie-Spiel vier oder mehr Sterne. Es war das erfolgreichste Spiel 2010 und das am meisten verkaufte RTS aller Zeiten. In den ersten 48 Stunden verkaufte sich das Spiel 1,5 Millionen mal. Allein im Dezember 2010 verkaufte sich Wings of Liberty bis zu 4,6 Millionen mal weltweit.

eSport - Nichts wissen, sondern ausprobieren

Einer der wichtigsten Aspekte darf bei Starcraft natürlich nicht fehlen: der eSport. Schon während der Beta stachen einige Namen heraus - unter anderem von Leuten, die wir auch heute noch kennen. IdrA, HuK und Boxer gehören dazu. Doch damals war alles noch ein bisschen anders - nicht besser, sondern einfach anders. Denn anfangs wussten wir alle noch nicht so recht, was wir da eigentlich tun. Das Meta war lange nicht gefestigt und die Spielstile fielen kreativer aus.

Der letzte Starcraft-Teil war mittlerweile 12 Jahre alt. Also waren auch einige Progamer hin und weg von dem neuen Spiel. Das erste große Turnier gab es demnach schon in der Beta. Das nannte sich "HDH Invitational" und wurde von Husky und HDStarcraft organisiert. Ein Blick auf das Line-Up lässt alle Wings of Liberty-Fans nostalgisch werden: Day[9] persönlich spielte mit. Sogar Nazgul, White-Ra und TLO waren dabei. Langsam aber sicher kristalisierte sich auch ein Meta-Game heraus.

Quelle: Gosugamers.net

Doch nicht in allen Teilen auf der Welt passierte der Umstieg von Brood War auf Wings of Liberty so schnell wie im Westen. Unsere koreanischen Freunde taten sich vergleichsweise schwer. Brood War war der eSport-Titel schlecht hin. Dass man das nicht so leicht aufgeben möchte, kann wahrscheinlich jeder verstehen.
Eines der größten eSport-Turniere weltweit waren die World Cyber Games (WCG). Die wurden trotz Wings of Liberty-Release im Jahr 2010 immer noch in Brood War ausgetragen. Doch die koreanischen Ligen taten sich fast noch ein bisschen schwerer. Sowohl die OnGameNet StarLeague als auch die ProLeague: Beide wechselten erst im Jahr 2012 zu Starcraft II.

Doch auch Blizzard ließ sich die Chance nicht nehmen, Starcraft II zum Erfolg zu verhelfen. Im Jahr 2011 war das Ganze noch etwas chaotisch. Doch das Ziel war das Gleiche: Die BlizzCon. Zu diesem Zeitpunkt existierte bereits die GSL und die besten Spieler der GSL konnten sich so qualifizieren. Für uns im Westen hießen die Turniere alle noch Blizzard Invitational. 2012 nahm die Idee dann schon konkrete Formen an - mit der Starcraft II World Championship Series. Damals war das alles aber noch ein bisschen komplizierter als heute. Das WCS Format, wie wir es heute kennen, gab es dann zum ersten Mal im Jahr 2013 - und ab da wurde es ernst.

Doch Blizzard hatte noch mehr in der Hinterhand. Mit Wings of Liberty wurden auch die Ligen eingeführt. Während der Beta gab es noch die Kupfer-Liga. Danach Bronze, Silber, Gold, Platin und Diamant. So richtig hat das Matchmaking aber noch nicht funktioniert - der Unterschied zwischen Top und Low Diamant war einfach riesig. Deswegen führte Blizzard im Januar 2011 die "Master"-Liga ein. Dort kamen nur die besten 2% der Spieler rein. Doch das war noch immer nicht genug. Nur wenige Monate später bekamen wir dann die Grandmaster-Liga. Diese umfasst nur die Top 200 Spieler der jeweiligen Region.

Wings of Liberty brachte außerdem einige spannende Matches hervor. Ein Beispiel dafür ist Gumiho vs. MMA (Match startet im oben verlinkten Video bei der 30. Minute). Ein weiteres Top-Match ist sC vs NesTea. So richtig zergfreundlich war das Meta damals nicht und auch die Karte war mehr als ungünstig. Als würde das noch nicht reichen, durfte NesTea auch noch gegen einen der stärksten Terraner weltweit antreten. Doch das Match zeigt die Gründe, warum NesTea einer der besten Spieler aller Zeiten wurde.

Lange Zeit unterhielt uns Wings of Liberty im höchsten Maße. Aber im April 2012 war es so weit: Blizzard kündigte den zweiten Teil, Heart of the Swarm, an.

Wie habt Ihr Wings of Liberty in Erinnerung? Was hat Euch am besten gefallen?

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Autor: Tina | Noxxey

Mein Name ist Tina und falls Ihr diesen Text gerade lest, habt Ihr wahrscheinlich einen meiner alten Artikel rausgekramt. Seit 2014 war ich als Redakteurin und Head of Social Media bei Bonjwa tätig und habe das Team mit meiner quirligen Art bereichert. Mitte 2016 musste ich das Projekt jedoch schweren Herzens verlassen, um mit meinen kreativen Texten über computerspielende Jungs woanders mein veganes Bio-Mittagessen zu verdienen. Ansonsten bin ich ein riesen Star Wars-Fan und verbringe viel zu viel Zeit damit, meine Mahlzeiten über diverse soziale Netzwerke zu verbreiten.

7. Oktober 2015 - 1:24
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JackJammer
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10.08.2016 - 21:54
07.08.15
58

Wie habt Ihr Wings of Liberty in Erinnerung? Was hat Euch am besten gefallen?

Mir fällt direkt ein, dass ich mir damals für einen Comic das erste und einzige Mal gut Mühe gegeben hab :D Blizz hatte in verschiedenen Monaten zu Comicwettbewerben aufgerufen, als Preis gabs Betakeys und Gimmicks(hab das I HEART SC2 Shirt immernoch :D)...mit nem Kumpel, der auch teilnahm und gewann, konnten wir dann schön die Beta was aufmischen und habens bis Season 2 der ersten Laddersaison auch was beibehalten...und die ersten Funmaps...gute Zeit, gute Zeit :D

7. Oktober 2015 - 2:19
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ChrizMoh
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09.02.2017 - 21:05
07.04.15
21

Herrlich fluffig geschrieben. Ich war im Handumdrehen hier unten angekommen. Chapeau!

Ich hab den ersten Trailer bei Giga zum ersten Mal gesehen. Meine Kinnlade hat fast meine Hausschuhe im Teppich verewigt. Und als ich ihn mir hier erneut angesehen habe, gab's wieder instant Gänsehaut - jedoch ohne Zwischenfälle. Der Geduldsfaden, bis es da war, war marode und die Vorfreude wurde immer wieder, durch die Info-Häppchen, enorm gepusht. Ich hab's mir damals nicht zum Release geholt, weil mein Tower weniger zu bieten hatte, als ein Schuhkarton, in dem 'n Hamster lebt. Ich musste mich also weiterhin mit BroodWar begnügen, bis einer meiner Freunde 'nen PC hatte, der die Spannweite, der Freiheitsflügel, auch stemmen konnte. Danach hielt mich vorerst nichts mehr - abgesehen vom Schlaf.

Der Funke sprang nicht gleich über: es dauerte, bis das Feuer das "nur noch eine Runde"-Gefühl entflammte. Der Drang ebbte allerdings schnell ab und konnte mich nicht über einen langen Zeitraum halten.

Ich hab's nach'm Abschluß der Kampagne, nur noch sehr selten gespielt. Ich überließ meinem Hamster, in seiner Ein-Zimmer-Wohnung, dem Schiksal des Brutkrieges - dafür war sie prädestiniert. Bis Anfang diesen Jahres, in dem es mich komplett gepackt hat. Das Nagetier hat mittlerweile ordentlich ausgebaut, auch wenn es sich vorerst ohne intakter Klimaanlage begnügen muss. Sein Penthouse ist inzwischen im Bau und dann geht's demnächst ans Erbe der Leere. Ruhestörungen mit eingeschlossen.

9. Oktober 2015 - 12:09
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Nordsee
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04.05.2017 - 19:57
21.08.15
42

Das Beste Match (oder zumindest eines der Besten) der Beta war auf jeden Fall Predy(T) vs. FirstAndLast(P). Schön gecastet von Homerj:

https://www.youtube.com/watch?v=LUv-Jnggb3I

Legen---

wait for it

---Dary